Ein Ausflug entlang des schönsten Wanderweges der Insel

Ein Beitrag von Torsten Seegert

 
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Unser heutiger Streifzug  führt uns in die Stubnitz und zu Burgwällen, die eher wenig Beachtung finden, wie der Wall bei Werder oder der Hengst. 

 

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Nachdem wir uns auf dem Parkplatz an der Abfahrt "Rusewase" (erreichbar über die Landesstraße zwischen Sassnitz und Hagen) getroffen hatten, ging es los. Gemeinsam mit einem der "Knubbenbieter", dem Hagener Burkhard Perleberg, zog unsere kleine Wandergruppe zunächst in Richtung Werder, wo sich einst nur der Einzelhof einer Oberförsterei befand. Hier taten einige bekannte Forstleute, wie Revier-Oberförster Cochius oder Pavelt ihren Dienst. 

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Letzterer hat hier auch, gemeinsam mit seiner Familie, seine letzte Ruhe gefunden. Wie in dem "Jasmunder Heimatheften" zu lesen war, löste Pavelt den bisher hier tätigen Oberförster Fickert im Juli 1876 ab. Als er plötzlich am 8. November 1879 starb, wurde er, wie es sein Wunsch war, in der Stubnitz auf dem Schloßberg (Anm.: auch "de Schlottbarg" genannt), unweit vom Forsthaus Werder beigesetzt. Und unweit von dieser Grablage befindet sich auch der sogenannte "Fliegerstein".
 
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Die Beschriftung des Steins, ist trotz der Anlegung einer zusätzlichen Farbe, heute kaum noch zu lesen. Auch hier gibt das bereits erwähnte Heimatheft weitere Auskünfte: Der Gedenkstein erinnert an eine am 28. November 1935 abgestürzte Flugzeugbesatzung einer Greifswalder Fliegerstaffel, zu der Hauptmann E. Warnecke, Leutnant . Freese, Oberfeldwebel Brandenburg, Unteroffizier Fleischer sowie die Gefreiten Werner und Gerloff gehörten. 
 
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Doch zurück zum Schloßberg, der - wie der Name es schon sagt - mit einem Schloß, aber eben auch mit dem legendären Klaus Störtebeker in Verbindung gebracht wird. Ob nun Letzterer wirklich mit seinem Schiff von der Piratenschlucht aus über einen Wasserlauf zu einem Unterschlupf am Schloßberg segelte? Wir werden es wohl nie erfahren... Doch es ist nicht das einzige Rätsel, welches sich mit diesem Ort verbindet: So hielt der pommersche Prähistoriker Wilhelm Petzsch (1892-1938) eben diesen Burgwall, der sich etwa 200 Meter südlich der alten Oberförsterei befindet, für den wohl umstrittensten aller Burgwälle, die es auf der Insel gibt. 
 
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Anlass dazu mag auch schon damals seine Form gegeben haben: Im Gegensatz zu anderen Burgwällen ist er eher rechteckig angelegt. Petzsch gibt dessen südliche Längsseite mit 180 Metern und die Westseite mit 100 Metern an. Da das Umfeld im Norden und Osten jedoch keinerlei Schutz bot, hatte man hier vor dem Wall einst einen Graben gezogen, der noch bis in das letzte Jahrhundert Wasser führte. Umso unverständlicher scheint bis heute, dass ausgerechnet an den Stellen, die am wenigsten Schutz nach außen versprachen, sich gleich drei der ursprünglichen Zugänge befunden haben sollen. Der Rügensche Geograf und Historiker Johann Jacob Grümbke (1771-1849), der ebenfalls die Anlage zu seiner Zeit aufsuchte, berichtete, dass einer dieser drei Zugänge sogar von einem Steindamm bedeckt gewesen wären. 

 

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Eine Kommission, die bereits im Jahre 1868 (!) die Wallanlage untersuchte, hielt den Ursprung  des Burgwalls übrigens nicht für wendisch sondern für dänisch. Der Lagerplatz wurde zeitlich damit in die Zeit des Falls von Arkona und der damit einhergehenden Christianisierung der Insel - also um 1168 - eingeordnet. Verwunderlich war jedoch, dass auf Wall und Wallgraben wendische Scherben von Behältnissen gefunden wurden, was eben weitere Zweifel an der Richtigkeit der Einordnung nährte. Glaubwürdiger waren daher die Annahmen, dass die Wallanlage wesentlich älter sei und vielleicht sogar eine der ältesten uns bekannten ist. 

Für einen wendischen oder germanischen Ursprung wurden sowohl die Hügelgräber im Umfeld bzw. ein großer stark bemooster Näpfchenstein unweit der Anlage angeführt. Da auf dem fast 2 ha großen Areal allerdings bereits im 19. Jahrhundert Überreste von Gebäuden nachgewiesen werden konnten, ist auf jeden Fall eine Siedlung mit Wehrbefestigung anzunehmen, die den Charakter einer Fluchtburg gehabt haben könnte. 

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Vorbei an der Rognick-Wiese und über den Steinbach wandern in Richtung Wedding. Von dort aus folgen wir dem Küstenwanderweg in Richtung Hengst (Anm.: Auch "Hingst" genannt). Er springt zwischen der sogenannten Piratenschlucht, die auf Klaus Störtebeker anspielt, und der Einmündung des Lenzer Baches hervor. Mit dem "Sattel" bezeichnet man übrigens die obere Fläche des Vorsprungs, die durch einen halbkreisförmigen etwa fünf bis sechs Meter hohen Wall von 90 bis 100 Metern Länge abgeschlossen wird. Sein Zugang befand sich im Südwesten. 

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Die heute nach Osten hin offene Flanke legt - wie bei den Wallanlagen von Arkona - nahe, dass der größte Teil der Fläche bereits durch Uferabbrüche in die Tiefe gestürzt ist, weshalb auch der Wanderweg nicht mehr durch die Anlage sondern westlich des Walls, also um die Anlage herum führt. 

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Auch hier gab es verschiedenste Annahmen zur Funktion der Anlage, so gab es sowohl die Annahme, dass man von hier die Schiffsbewegungen auf der Ostsee beobachtete als auch die Vorstellung, dass hier ein Tempel, wie auf Arkona, gewesen sein könnte. Beweisen lässt sich nichts dergleichen. Und so bleibt der Vorstellung und Fantasie des Betrachtes überlassen, was die Wallanlage am Hengst gewesen sein könnte...

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Entlang dem Wissower Ufer - wo die Kleinen und die Großen Wissower Klinken einst für viel Beachtung sorgten - bieten sich nun immer wieder unglaubliche Ausblicke, wie hier (siehe Foto oben) kurz vor dem Lenzer Bach. Der Unterschied zum Sommer liegt dabei darin, dass die Bäume ihre Blätter längst verloren haben und so den Blick auf die zum Ufer abfallende Kreide sowie die Landschaft mit ihren Bergen und Schluchten freigeben.

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Wir erreichen den Abzweig zur Waldhalle, Allerdings hat dieser Ort viel von seiner Anziehungskraft verloren. Die Ursachen dafür sind vielfältig, denn auch der gesellschaftliche Zeitgeist hat sich verändert. Wo einst Musik zum Tanz aufspielte, sucht nun der Wanderer seine Rast und Ruhe. Und obgleich die Sitzflächen eher unbequem sind, so stimmen doch ein heißer Tee, Kaffee oder ein kleiner Imbiss alle versöhnlich. Zudem lädt eine extra zu seinem Zweck errichtete "Waldkapelle" (Anm.: WC) zum Besuch ein.
 
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Das gibt den Wartenden Gelegenheit sich mit dem Umfeld bekannt zu machen. Und dabei dauert es nicht lange und ein alter Stein wird entdeckt. Auch er ist stark verwittert und hat doch eine Menge zu erzählen. Schließlich wurde er einst unweit der Wissower Klinken aufgestellt, um an den Landesforstmeister Wilhelm Wächter (1830-1917) zu erinnern. Gestiftet wurde er im Jahre 1896 vom Pommerschen Forstverein. Abbruchbedingt soll er später von seinem ursprünglichen Standort zur Waldhalle versetzt worden sein.
 
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Wir brechen wieder auf. Nun geht es vorbei am Tipper Ort, wo viele Bäume danieder liegen zur Ernst-Moritz-Arndt-Sicht. Der Vorsprung in der Kreideformation bietet einen sehr schönen Blick auf die hinter uns liegende Küste - zu jeder Jahreszeit!
 
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Es geht vorbei an den Fahrnitzer Bergen, deren höchste Erhebung bei etwa 138 Metern liegen soll. Damit wäre sie nicht ganz so hoch wie der Piekberg als höchster Berg der Insel mit seinen etwa 161 Metern, aber immerhin. Und nun, wo die Kieler Kämme, die Kollicker und die Lehmschröter Berge noch vor uns liegen, wird es noch einige Male auf und ab gehen.
 
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Über eine Holztreppe steigen wir in das natürliche Flußbett hinab, wo sich Kieler Bach und Brisnitzbach vereinen, während über Ihnen auf dem Kamm zwei weitere geschichtsträchtige Steine thronen: Der Auguste-Victoria-Stein und der Geologenstein (beide Fotos dazu entstanden bei einer Begehung mit der Gruppe Perleberg und dem Leiter des Nationalparkamtes Gernot Haffner ein paar Wochen später)
 
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Der "Geologenstein" (obere Abb.) und der Stein der "Auguste.Victoria-Sicht" (untere Abb.)
 
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Wir gehen nun über und seitlich des Wasserlaufes, der sich an der Kreideküste zum einzigen Wasserfall der Insel ergießt. 

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Der Abstieg über eine etwa zehn Jahre alte Treppe ist einer der wenigen Zugänge, um zum Strand zu gelangen und erfreut sich deshalb zu allen Zeit einer großen Beliebtheit. Natürlich auch, weil sich hier eindrucksvolle Fotos machen lassen und die Dimension zwischen Mensch und Natur durch das Kieler Ufer seine ganz eigenen Maßstäbe erfährt, die manchmal auch kein Foto richtig abbilden kann. Den Versuch gibt es dennoch. - Übrigens: Der große Kreidebruch, der hier früher in Betrieb war, soll im Jahre 1893 eingegangen sein.
 
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Eigentlich ist das Ufer perfekt zum Verweilen, doch wir haben noch einen ganzen Teil der Strecke vor uns. So heißt es schon bald: Aufbruch! über die steile Treppe geht es wieder auf die Kreideformation, um dann weiter zu den Kollicker Bergen zu wandern.
 
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Wie es im Jahrbuch der "Pommerschen Geografischen Gesellschaft" von 1931 heißt, brechen die Kollicker Berge am Hohen Ufer mit einer 66 Meter hohen Kreidebastion ab. Auch wenn dazwischen bereits ein Zeitraum von etwas über 90 Jahre liegt, könnte das durchaus noch so sein. 
 
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An dieser Stelle, wo es immer wieder hoch hinaus oder tief hinab geht, sei auch der Rügensche Geograf und Historiker Johann Jacob Grümbke (1771-1849) wieder bemüht. Er stellte schon zu seiner Zeit fest:
 
"Zwischen mehreren dieser Berge liegen tiefe Thäler und Abgründe, denn die Berge haben hier steilere Lehnen und Senkungen, als sonst irgendwo auf Rügen..."
 
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Am Kollicker Bach ist einer dieser tiefen Einschnitte in das Gelände. Die Schlucht wird ebenfalls durch eine auf langer Strecke angelegte Treppenanlage überwunden. 
 
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Der nun folgende Ort springt wieder etwas am Ufer hervor. er heißt Kollicker Ort. In alten Überlieferungen wird u. a. auf das ihm gegenüberliegendes und für die Schiffahrt gefährliches Riff mit Namen "Jasmund Stein" verwiesen. 1893 ist aus diesem Grunde etwa 30 Meter über dem Wasserspiegel eine Laterne auf eisernem Gestell angebracht worden, welche ununterbrochen ein weisses und rotes Licht zeigte. 1904 wurde der heute bekannte Leuchtturm errichtet und am 1. April 1905 als Quermarkenfeuerwerk in Betrieb genommen.
 
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Nach der Überschreitung des Steinbachs erblickt man die Kreidewand von Klein-Stubbenkammer. Hier sind zwei bedeutende Aussichtspunkte: Die Victoriasicht, von der man zuerst in Richtung Königstuhl schauen kann, sowie die Wilhelmssicht, die an den Besuch durch den deutschen Kaiser Wilhelm I. am 10. Juni 1865 erinnert.
 
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Beide Aussichtspunkte sind durch Denksteine bezeichnet gewesen. Während die Victoria-Sicht noch ihren Stein besitzt, gibt es von der Wilhelmssicht nur noch den Sockel des Steins. Letzterer liegt heute (Anm.: von Sassnitz aus) hinter der Victoriasicht und unbeachtet neben einer Absperrung.
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Mit einem Blick an den Strand unterhalb der Victoria-Sicht endet nach etwa 5½ Stunden unser 100. Streifzug über die Insel. Allen, die diese schönen Momente mit mir teilten, möchte ich noch einmal an dieser Stelle danken - vor allem aber Burkhard Perleberg, der tief verwurzelt mit unserer Heimat und "seinem Revier", der Stubnitz, ist. 
 
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(Nachtrag: Den Königsstuhl haben wir rechts liegen gelassen und sind mit dem Wanderbus wieder zurück in Richtung Werder gefahren.)
 
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